
Das Landgericht Berlin hat eine bemerkenswerte Entscheidung getroffen und die Einziehung von 58 Immobilien angeordnet, die einer Berliner Großfamilie gehören. Diese Immobilien sind verteilt über die Bezirke Neukölln und Mitte in Berlin sowie im Landkreis Teltow-Fläming in Brandenburg. Der Hintergrund dieser umfangreichen Maßnahme ist ein zuvor eingestelltes Ermittlungsverfahren wegen Geldwäscheverdachts gegen Personen aus dem Umfeld der Großfamilie, das 2021 beendet wurde, da die Vorwürfe nicht ausreichend zur Anklage führten. Trotz der Einstellung des Verfahrens hat die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit genutzt, in einem selbstständigen Einziehungsverfahren die Einziehung dieser Vermögenswerte zu beantragen, was ohne separaten Strafprozess möglich ist. Das Gericht hat diesen Schritt nun bestätigt, was für die Betroffenen jedoch nicht das endgültige Wort ist – Rechtsmittel bleiben offen, sodass die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist.
Die Immobilien in Frage stammen überwiegend von einer 43-jährigen Frau, die derzeit im Libanon lebt. Diese hat vehement bestritten, dass die Gelder, die für den Erwerb der Immobilien zwischen 2010 und 2017 verwendet wurden, aus rechtswidrigen Quellen stammten. Darüber hinaus umfasst die Einziehung auch Miet- und Pachtforderungen, die mit diesen Immobilien verbunden sind. Eine weitere 41-jährige Frau und zwei von ihr vertretene Unternehmen sind ebenfalls im Besitz einzelner Immobilien, jedoch hat diese Frau keine Angaben zu den Vorwürfen gemacht.
Hintergründe und Verbindungen zu Organisierter Kriminalität
Die Vorgehensweise, kriminelle Gewinne in legale Anlagen wie Immobilien umzuwandeln, ist ein bekanntes Muster, das von gut organisierten, international agierenden Clans verfolgt wird. Oberstaatsanwältin Petra Leister, die seit den 1990er-Jahren gegen Mitglieder dieser Großfamilien ermittelt, beschreibt die übergeordneten Strukturen, in denen alle Familienmitglieder von einem gemeinsamen Vermögen profitieren. In diesem Kontext ist es nicht ungewöhnlich, dass Gelder aus kriminellen Quellen investiert werden, um sie „sauber“ erscheinen zu lassen.
Die Methoden der Geldwäsche haben in den letzten Jahren besondere Aufmerksamkeit erregt. Kriminelle Gruppierungen nutzen oft Unternehmen und Immobilien, um ihre illegalen Einnahmen zu legitimieren. Dies wurde zum Beispiel in einem Fall deutlich, als nach einem Raubüberfall auf eine Sparkassenfiliale 2014, bei dem Wertgegenstände im Wert von fast zehn Millionen Euro erbeutet wurden, 2018 gleich 77 Immobilien aufgrund einer Gesetzesänderung beschlagnahmt wurden. Diese Gesetzesänderung ermöglicht es der Justiz, Vermögenswerte einzuziehen, wenn die Herkunft des Geldes unklar ist.
Schwierigkeiten bei der Aufklärung
Ein wesentliches Problem bei der Verfolgung dieser Machenschaften ist das Fehlen eines zentralen Immobilienregisters in Deutschland. Dies erschwert die Ermittlungen und ermöglicht es Clans, mit wenig Nachverfolgbarkeit Immobilien zu erwerben. In Kombination mit der Korruption im Libanon, die von Wissenschaftlern wie Mounir Rashed kritisiert wird, wird deutlich, wie Geldwäsche über Ländergrenzen hinweg funktioniert. Gelder aus Deutschland gelangen oft dorthin, um dann im legalen Wirtschaftskreislauf des Libanon zu verschwinden.
Die aktuellen Ermittlungen, die sich auf Vermögenswerte der Berliner Großfamilie konzentrieren, sind ein Teil eines größeren Kampfes gegen die organisierte Kriminalität in Deutschland. BKA-Präsident Holger Münch bezeichnet diese Verfahren als „Pilotverfahren“, das für zukünftige Maßnahmen als Modell fungieren könnte. Stärkere rechtliche Instrumente und eine intensivere Zusammenarbeit der Behörden sind notwendig, um die Umsetzung solcher Maßnahmen zu beschleunigen und effektiver gegen die Hintermänner von Geldwäsche vorzugehen.