
Anna Trapp, aufgewachsen im katholisch geprägten Bad Wilsnack, hat ihren Platz als Pfarrerin in der evangelischen Kirche gefunden. Von Kindheit an träumte sie von der Kirche, fühlte jedoch schon früh die Barrieren, die einer Frau in dieser Institution im Weg standen. Nach ihrem Abitur entschloss sie sich, die Geschichtswissenschaften an der Freien Universität Berlin zu studieren, wählte jedoch bald die Religionswissenschaft als zweites Fach, als sie feststellte, dass das Geschichtsstudium nicht ihren Erwartungen entsprach. In dieser Zeit erlebte sie eine zunehmende Entfremdung von der Kirche, die sie letztlich dazu bewegte, Theologie zu studieren, um ihre Passion für den Glauben und die Gemeinschaft neu zu entfalten. Von 2005 bis 2013 studierte sie Theologie an der Humboldt-Universität in Berlin und erlernte auch Hebräisch, um ihren akademischen Horizont zu erweitern.
Nach einem 27-monatigen Vikariat, in dem sie unter anderem als Religionslehrerin tätig war, schloss Anna ihr Vikariat am 31. Dezember 2015 ab. Im darauffolgenden Jahr wurde sie im Entsendungsdienst nach Bad Wilsnack geschickt, um den dortigen Pfarrer zu entlasten. Wenig später wurde sie zur Pfarrerin gewählt, nachdem ihr Vorgänger die Gemeinde verlassen hatte. Die herzliche Aufnahme seitens der Gemeinde empfand sie als bereichernd und schloss schnell die Initiative zur Arbeit mit jungen Pfadfindern in einem Gemeindegarten ins Auge.
Engagement in der Gemeinde
In den letzten Jahren hat Anna Trapp mehrere Projekte initiiert. Besonders bemerkenswert ist das Großprojekt zur Sanierung der Kirche, in das 4,2 Millionen Euro investiert wurden, teils durch Bundes- und Landesmittel, sowie durch kirchliche Eigenmittel. Diese umfassenden Arbeiten an der Wunderblutkirche St. Nikolai finden eine besondere Würdigung in der Präsentation von Kirchenfenstern der Künstlerin Leiko Ikemura, die in einem Wettbewerb ausgezeichnet wurde. Die Glasarbeiten thematisieren die Geschichte des Ortes und wurden kürzlich im Mai 2023 vorgestellt.
Zusätzlich ist die „Wein und Gespräch“ Gruppe, geleitet von Andrea van Bezouwen, zur festen Größe innerhalb der Gemeinde geworden. Veranstaltungen in der Kirche, wie die Rave-Party im April 2024, zeigen, dass Anna Trapp innovative Ansätze verfolgt, um unterschiedliche Menschen anzuziehen und zum Dialog zu bewegen. Diese professionell organisierte Veranstaltung in der Wunderblutkirche bot nicht nur eine ausgefallene Erfahrung, sondern förderte auch die kulturelle Einbettung der Kirche in das Gemeindeleben.
Frauen in der Kirche
Anna Trapp repräsentiert ein wachsendes Phänomen innerhalb der evangelischen Kirche, das den Wandel der Geschlechterrollen innerhalb der Institution reflektiert. Im 20. Jahrhundert führten Frauenbewegungen zu einem Umdenken im Protestantismus und schufen sukzessive Möglichkeiten für Frauen, Theologie zu studieren und pastorale Aufgaben zu übernehmen. Diskurse über die Rolle von Frauen im Pfarramt wurden intensiver, was zur ordentlichen Weihe von Vikarinnen ab 1952 führte.
Ein entscheidender Moment in der Geschichte der Kirche war die Ernennung der ersten lutherischen Bischöfin weltweit, Maria Jepsen, im Jahr 1992. Diese Veränderungen wurden von der Notwendigkeit geprägt, Gleichberechtigung in der Kirche zu fördern und die neuen Rollenbilder in der Gemeinschaft zu verankern. Heute ist Anna Trapp nicht nur ein Vorbild für Frauen in der Kirche, sondern trägt auch aktiv zu einer offenen und inklusiven Gemeinde bei.
Persönlich führt Anna Trapp ein erfülltes Leben: 2019 heiratete sie ihre Frau Friederike, die ebenfalls in der Seelsorge tätig ist. Gemeinsam haben sie einen Sohn, Jonathan. Diese private wie berufliche Erfüllung zeigt, wie wichtig es ist, persönliche Werte und Glaubensüberzeugungen in Einklang zu bringen.