
Die Mittagskantine „Liebling“ in der Wittenberger Straße in Perleberg schließt am Freitag, was bei den Stammkunden Bestürzung auslöst. Der Inhaber Roy Hartung nennt den Fachkräftemangel als Hauptgrund für die Entscheidung. Ein Aushang an der Tür macht auf die bevorstehende Schließung aufmerksam. Die Kantine war bekannt für frisch zubereitete Speisen mit regionalen Zutaten und bot ihren Gästen wöchentlich vier verschiedene Gerichte zu Preisen zwischen fünf und acht Euro an. Trotz intensiver Suche gelang es nicht, einen geeigneten Koch oder eine Köchin zu finden, was die Schließung unausweichlich machte. Hartung betreibt auch die Polizeikantine in der Berliner Straße, die weiterhin ein Mittagsangebot mit drei warmen Gerichten und Frühstück hat und von Montag bis Freitag von 11 bis 14 Uhr geöffnet ist.
Bereits jetzt fragen sich viele Perleberger nach Alternativen, während die Bedeutung der „Liebling“-Kantine innerhalb der Innenstadt nochmals hervorgehoben wird. Eine Option ist die Kantine „Belo Horizonte“ in der Lanzer Chaussee 32, sowie die Schulkantine des Gottfried-Arnold-Gymnasiums in der Wilsnacker Straße.
Fachkräftemangel im Gastgewerbe
Der Fachkräftemangel ist kein isoliertes Problem. Laut einem Bericht von Tagesschau hat sich die Fachkräftelücke im Gastgewerbe seit Juni 2024 dramatisch entwickelt. Damals fehlten in Hotel- und Gaststättenberufen gut 8.800 Fachkräfte, was einem Rückgang von 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die Situation wird als „prekär“ bezeichnet, da jede vierte offene Stelle nicht mit einem passend qualifizierten Arbeitslosen besetzt werden konnte.
Besonders herausfordernd gestaltet sich die Personalsuche bei Köchinnen und Köchen, wonach über 3.400 Stellen unbesetzt bleiben. Gleichzeitig berichtete das Zeit, dass Unternehmen im Gastgewerbe zunehmend auf ungelernte Kräfte setzen und die Verwendung von Fertiggerichten in der Küche ansteigt. Dies hat zur Folge, dass das gastronomische Angebot oft stark eingeschränkt wird.pan>
Wirtschaftliche Herausforderungen
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Branche erscheinen düster. Im ersten Halbjahr 2024 verzeichneten Hotels, Restaurants und Cafés einen Umsatzrückgang von knapp elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Gewinn der Branche sank um 22 Prozent, was Teil eines größeren Trends ist, der durch steigende Personalkosten und das Auslaufen der reduzierten Mehrwertsteuer auf Speisen bedingt ist. In den Jahren 2020 und 2021 sank die Zahl der Beschäftigten im Gastgewerbe um insgesamt 330.000, bevor im Jahr 2022 ein Anstieg um 224.000, von dem jedoch zwei Drittel als Minijobber tätig waren, verzeichnet wurde.
Die Sorgen um die Liquidität sind unter den Gastronomieunternehmen ebenfalls weit verbreitet: 29 Prozent geben an, besorgt zu sein. Darüber hinaus stieg die Zahl der Insolvenzen in der Branche im vergangenen Jahr um 27 Prozent, was zu einem Rückgang von insgesamt 14.000 Betrieben führte, die aufgaben. Gastgewerbe firmiert damit als eine der risikobehaftetsten Branchen im Land mit 447 gefährdeten Betrieben pro 10.000 Unternehmen.
Angesichts dieser Umstände planen viele Betriebe, verstärkt auf ausländische Fachkräfte und Geflüchtete zurückzugreifen. Zudem ist der Einsatz von Robotern, um Personalengpässe abzudecken, bereits Realität in einigen Gastronomiebetrieben. Dennoch ist kein Ende des Fachkräftemangels absehbar, da die Zahl der offenen Stellen und die der entsprechend qualifizierten Arbeitslosen weiterhin stark auseinanderklaffen. Laut einer aktuellen Studie zeigen sich in der Gastronomie 44.000 offene Stellen, während nur gut 29.000 entsprechend qualifizierte Arbeitslose zur Verfügung stehen.
Diese Entwicklungen werfen die Frage auf, wie das Gastgewerbe in Deutschland künftige Herausforderungen meistern wird, insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Qualität des Angebots aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die betriebliche Rentabilität sicherzustellen.