
Am Mittwoch ehrte Oberbürgermeister Steffen Scheller fünf bemerkenswerte Frauen der Stadt Brandenburg, deren philanthropisches Wirken über Straßenbenennungen in der Wilhelmsdorfer Vorstadt dokumentiert wird. Diese Veranstaltung ist Teil einer langfristigen Initiative, die sich mit der Sichtbarkeit von Frauen in der Stadtgeschichte auseinandersetzt. Heike Köhler thematisiert in ihrem Aufsatz die oft geringe Beachtung von weiblichen Figuren in der Geschichte, Kultur und Kunst der Stadt Brandenburg. Ihre Erkenntnisse entstammen dem Jahresbericht des Historischen Vereins Brandenburg (Havel) e.V. aus dem Jahr 2011 und finden ihren Ausdruck in einer Ausstellung, die im Stadtmuseum im Frey-Haus im Jahr 2010 stattfand.
Die Ausstellung widmete sich wohlhabenden Bürgerinnen, die zwischen dem späten 18. und frühen 20. Jahrhundert bedeutende geldliche Stiftungen ins Leben riefen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erkannte der preußische Staat den wachsenden Bedarf an sozialer Unterstützung. Während die Umsetzung in die Verantwortung der Städte fiel, nahmen sich insbesondere Frauen aus der Bürgerschicht dieser Aufgabe an. Ihre Stiftungen haben häufig die Zeiten nicht überdauert, da viele Vermögen während der Weltkriege und durch Inflation entwertet wurden.
Die geehrten Stifterinnen
Die fünf Frauen, die durch die Benennung der Tismar-, Kleist-, Göden-, Koppehl- und Maerkerstraße gewürdigt werden, haben durch ihre Stiftungen einen bleibenden Einfluss auf die Stadtgeschichte ausgeübt. Zu den Lebensdaten von Caroline Tismar und Dorothea Luise Göden war eine umfangreiche Recherche in drei Bundesländern notwendig, um ihre Beiträge umfassend zu würdigen.
- Tismarstraße: Caroline Tismar (1785-1857), Enkelin des Bürgermeisters Georg Tismar, gründete gemeinsam mit ihrer Mutter Stiftungen für bedürftige und kranke Frauen. Das Stiftungskapital für Brandenburg an der Havel betrug 20.000 Taler.
- Gödenstraße: Dorothea Luise Göden (1715-1797) stiftete 1796 4.000 Taler zum Bau eines Armenhauses, welches 1881 in der Wilhelmsdorfer Straße einen Neubau erhielt.
- Kleiststraße: Charlotte Friederike Emilie Kleist (1804-1881) unterstützte zahlreiche Wohltätigkeitsprojekte, darunter Kinderbewahranstalten. Ihre Straße trägt seit 1904 ihren Namen.
- Koppehlstraße: Louise Amalie Koppehl (1802-1886) stellte Kapitalzinsen zur Unterstützung bedürftiger Frauen über 40 Jahre zur Verfügung. Seit 1919 trägt die Straße ihren Namen.
- Maerkerstraße: Marie Maerker (1830-1915) gründete mit ihrem Bruder die „Kranken- und Armenstiftung der Stadt Brandenburg“ mit einem Kapital von 1,2 Millionen Mark, was heute einem Wert von etwa 4,5 Millionen Euro entspricht.
Der Kampf um Frauenrechte
Diese Rückbesinnung auf die Rolle von Frauen in der Stadtgeschichte ist auch Ausdruck eines breiteren gesellschaftlichen Wandels, der sich in den letzten Jahrhunderten vollzogen hat. Minna Cauer, Hedwig Dohm, Louise Otto-Peters, Clara Zetkin und Marie Juchacz waren Pionierinnen für die Frauenrechte, die im 19. Jahrhundert oft als Lehrerinnen, Journalistinnen, Schriftstellerinnen und Menschenrechtlerinnen arbeiteten. Ihr Engagement verbesserte nicht nur die Lebensbedingungen von Frauen, sondern trug auch zur Demokratisierung der Gesellschaft bei. Ihre Namen sind jedoch weitgehend in Vergessenheit geraten, während männliche Pioniere oft Denkmäler erhalten haben.
Im Jahr 2023 jährt sich das Frauenwahlrecht zum 100. Mal, und Kulturradio vom rbb erinnert an die wichtigen Frauen, die für diese Rechte kämpften. Die Diskurse über die Entwicklung der Frauenrechte seit 1918 und die Nutzung neuer Freiheiten durch Frauen in den 1920er Jahren sind essenziell, um den aktuellen Stand der Frauenrechte zu reflektieren.
Fragen zu den Herausforderungen, wie dem Rückgang des Frauenanteils im Bundestag auf 31 Prozent, und die Notwendigkeit einer Wahlrechtsreform für mehr Geschlechtergerechtigkeit sind Themen, die weiterhin aktuell sind. Weitere Informationen und Beiträge zu diesen Themen sind auf www.kulturradio.de/frauenwahlrecht verfügbar.