
Ein Vorschlag zur Umbenennung der Gerichtsstraße in Königs Wusterhausen in Esther-Bejarano-Straße steht im Fokus lokaler Debatten. Die Initiative, die von der Fraktion UFL/BVB Freie Wähler eingebracht wurde, erhielt Unterstützung von der jüdischen Gemeinde und dem Verband der Verfolgten des Naziregimes. Leonid Gajdichowytsch, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde, bezeichnete die Umbenennung als wichtiges Zeichen gegen das Wiedererstarken des Nazismus. Martin Müller, Kreisvorsitzender der VVN, sieht diese Maßnahme als Ehrung für alle Opfer des Faschismus. Die Argumentation für die Umbenennung stützt sich auf die zentrale Lage der Straße sowie die Nähe zum Denkmal für die Opfer des Naziregimes, und die geringe Anzahl an Anliegern wird ebenfalls als Vorteil genannt.
Bürgermeisterin Michaela Wiezorek unterstützt den Vorschlag. Im Stadtentwicklungsausschuss und Hauptausschuss fand der Antrag allerdings keine Mehrheit. Vertreter von CDU, SPD, FWKW und AfD stimmten dagegen, mit dem Hinweis darauf, dass bereits genügend neue Straßen in Planung seien, die einen Namen von Esther Bejarano tragen könnten. Über den Vorschlag wird am kommenden Montag von den Stadtverordneten entschieden.
Das Leben von Esther Bejarano
Esther Bejarano wurde am 15. Dezember 1924 in Saarlouis geboren und starb am 10. Juli 2021 in Hamburg. Sie war eine jüdische Überlebende des KZ Auschwitz-Birkenau und Mitglied des Mädchenorchesters von Auschwitz. Ihr Leben war geprägt von schrecklichen Erfahrungen; 1943 wurde sie nach Auschwitz deportiert, wo sie die Häftlingsnummer 41948 erhielt. Ihre musikalischen Fähigkeiten führten zu ihrer Aufnahme ins Mädchenorchester, in dem sie Akkordeon spielte. Nach einem halben Jahr wurde sie ins KZ Ravensbrück verlegt, wo sie die Häftlingsnummer 23139 bekam. Sie überlebte die Todesmärsche und wurde am 3. Mai 1945 von US-Truppen befreit.
Nach dem Krieg engagierte sich Esther Bejarano für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und das Internationale Auschwitz-Komitee. In Israel arbeitete sie als Sängerin und Musiklehrerin, ehe sie 1960 zusammen mit ihrem Ehemann Nissim nach Deutschland zurückkehrte und in Hamburg eine Boutique eröffnete. In den 1980ern setzte sie sich aktiv gegen Rassismus ein und erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter die Biermann-Ratjen-Medaille und den Hermann-Maas-Preis. Ihre autobiografischen Werke wie „Erinnerungen. Vom Mädchenorchester in Auschwitz zur Rap-Band gegen rechts“ zeigen die entscheidenden Stationen ihres Lebens und ihren unermüdlichen Einsatz für Frieden und gegen Diskriminierung.
Ein Erbe der Erinnerung
Am 6. März 2025 würde Esther Bejarano ihren 100. Geburtstag feiern. Zu ihren Ehren plant die Stadt Saarlouis eine öffentliche Feier im Esther-Bejarano-Haus. Der Wunsch nach einer Umbenennung der Gerichtsstraße in Königs Wusterhausen zeigt, wie zentral ihr Erbe im Kampf gegen das Vergessen bleibt. Nach ihrem Tod wurde die Esther-Bejarano-Gedenkbibliothek im Jugend- und Stadtteilhaus Tesch in Hamburg-Altona eingerichtet. Diese Initiativen sind Ausdruck des kollektiven Gedächtnisses und der Würdigung einer Frau, die ihr Leben dem Kampf gegen das Vergessen und den Extremismus gewidmet hat.