
In den letzten Wochen haben Gewalttaten unter Kindern und Jugendlichen in Deutschland erneut alarmierende Diskussionen ausgelöst. Ein besonders erschütternder Vorfall ereignete sich in Leipzig, wo eine 13-Jährige ihre jüngere Schwester erstach. Ein ähnlicher tödlicher Vorfall wurde auch aus Stuttgart gemeldet. Diese Fälle führten zu einer intensiven Debatte über die Absenkung des Strafmündigkeitsalters, das aktuell bei 14 Jahren liegt.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte laut Welt, Kinder ab zwölf Jahren strafrechtlich anzuklagen und einzusperren. Dies wurde von einigen Experten, unter anderem der Frankfurter Klinikdirektorin Christine Freitag, kritisiert. Sie warnte vor den möglichen negativen Konsequenzen einer solchen Maßnahme und betonte die Notwendigkeit, jüngere Kinder zu schützen und ihnen gezielte Hilfen anzubieten.
Anstieg der Jugendkriminalität
Die Diskussion über die Strafmündigkeit erfolgt auch vor dem Hintergrund steigender Kriminalitätszahlen bei Kindern und Jugendlichen. Im Jahr 2023 wurden in Deutschland über 104.000 tatverdächtige Kinder unter 14 Jahren registriert, was einem Anstieg von 12% im Vergleich zu 2022 und 43% im Vergleich zu 2019 entspricht, wie der Deutschlandfunk berichtet. Unter den Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren wurden rund 207.000 Tatverdächtige gezählt.
Kriminologen weisen darauf hin, dass trotz des Anstiegs die Zahlen im historischen Vergleich niedrig sind. Die aktuellen Herausforderungen könnten teilweise in den psychischen Belastungen der jungen Menschen durch die Corona-Pandemie und in der unzureichenden Verfügbarkeit von Unterstützungsangeboten, etwa in Form von Therapieplätzen oder Bildungsangeboten, liegen.
Kritik an der Absenkung des Strafmündigkeitsalters
Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul, sprach sich für eine Verantwortung der jüngeren Täter aus und unterstützt die Diskussion über die Absenkung des Strafmündigkeitsalters. Doch Kritiker, darunter die Grünen und die Gewerkschaft der Polizei, lehnen diese Idee ab und plädieren eher für umfassendere Bildungs- und Teilhabeangebote in sozialen Brennpunkten. Der Pädagoge Burak Yilmaz sieht hier Handlungsbedarf, um den Teufelskreis der Kriminalität frühzeitig zu durchbrechen.
Präventionsansätze des Bundesjugendministeriums
Das Bundesjugendministerium beschäftigt sich mit der Entwicklung von Handlungsstrategien zur Prävention von Kinder- und Jugendkriminalität. Laut bmfsfj.de haben sich in den letzten zwanzig Jahren zahlreiche Konzepte etabliert, um die Kriminalität unter Jugendlichen zu reduzieren. Die Zusammenarbeit zwischen Kinder- und Jugendhilfe, Schulen, Polizei und Justiz wurde intensiviert.
Die Mehrheit der tatverdächtigen Kinder und Jugendlichen tritt nur einmal strafrechtlich in Erscheinung. Etwa 5-10% begehen jedoch mehrere und teilweise schwerwiegende Straftaten. Diese so genannten Intensivtäter sind häufig von komplexen sozialen Problemlagen betroffen, darunter Gewalterfahrungen und Substanzmissbrauch. Präventive Maßnahmen erfordern daher ein integratives Vorgehen, das die verschiedenen Lebensrealitäten der jungen Menschen berücksichtigt.
Insgesamt zeigt sich, dass die Debatte um die Kinder- und Jugendkriminalität in Deutschland nicht nur eine Frage der Straftaten selbst ist, sondern auch tiefere gesellschaftliche Herausforderungen umfasst. Es ist notwendig, die Ursachen anzugehen, um langfristige Lösungen zu finden und den betroffenen Kindern und Jugendlichen die Hilfe zukommen zu lassen, die sie dringend benötigen.