
In der Türkei eskalieren die Proteste nach der Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu. Die Reaktionen sind vielfältig und lassen die Frage aufkommen, wie nachhaltig die Protestwelle gegen die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan ist. Die installierte Regierung hat bereits mit repressiven Maßnahmen auf die Unruhen reagiert, doch die Demonstrationen setzen sich fort. Deutschlandfunk berichtet, dass die Proteste in Istanbul und anderen Städten ein eindrucksvolles Zeichen des Widerstands darstellen.
Imamoglu, der als wichtiger Rivale Erdogans gilt und als potenzieller Präsidentschaftskandidat für 2028 gehandelt wird, wurde während einer Untersuchung wegen angeblicher Korruption und Verbindungen zu Terrorgruppen festgenommen. Am Mittwoch, dem Tag seiner Verhaftung, hatten laut ZDF bereits mehrere Tausend Menschen in Istanbul demonstriert, trotz eines vereinbarten vier-tägigen Demonstrationsverbots. Die Menschen forderten die Freilassung Imamoglus und eine Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen.
Die Reaktionen auf die Festnahme
Imameglo, der die Bürgermeisterwahl in Istanbul 2019 gewonnen hatte, was als schwere Niederlage für Erdogans AKP galt, sieht sich schweren Vorwürfen ausgesetzt. Dennoch bestreitet er jegliches Fehlverhalten. Laut der Türkei-Newsagentur Anadolu wurden mindestens 87 weitere Personen festgenommen, während Ermittlungen gegen 106 Personen laufen. Die Oppositionspartei CHP bezeichnete die Festnahme als „versuchten Staatsstreich“ und fordert eine einheitliche Front gegen Erdogans Regierung.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen äußerte Besorgnis über die Entwicklungen in der Türkei, während Erdogan bisher keine Stellungnahme zu den Vorfällen abgegeben hat. Sein Vorgehen, das auf eine Unterdrückung der politischen Opposition abzuzielen scheint, bleibt umstritten. Die Tagesspiegel beschreibt, wie Erdogans Autokratie trotz Repressionen nicht in der Lage ist, die Opposition vollständig auszuschalten.
Proteste und Wahlbeteiligung
Die Proteste sind die schwersten seit den Gezi-Unruhen vor 12 Jahren und zeigen einen tiefen Unmut über die Regierungsführung. In einem am Sonntag geschlossenen Café in Beyoglu, Istanbul, versammelten sich zahlreiche Menschen, um gegen Erdogan zu demonstrieren. Eine Lektorin betonte, dass die Menschen die Hoffnung bewahren müssen, auch wenn die Regierung versuche, die Bevölkerung zu isolieren. Die ZDF berichtet, dass der Bürgermeister von Ankara, Mansur Yavas, sich den Protesten anschloss und zur Einheit der Oppositionsparteien aufrief.
Die Verhaftung Imamoglus könnte sich jedoch als strategischer Schnitzer für Erdogan herausstellen. Experten und Unterstützer des Bürgermeisters äußern sich skeptisch darüber, ob die Festnahme tatsächlich als politisches Mittel zählt oder ob die Regierung die Welle des Widerstandes unter Kontrolle bringen kann. Die Tagesspiegel zitiert Analysten, die die anhaltenden Proteste als die größte Bedrohung für Erdogans Macht seit dem gescheiterten Putschversuch 2016 betrachten.
Trotz starkem Polizeieinsatz und der Festnahme von Hunderte Protestierenden veranstalten die Menschen weiterhin Demonstrationen, um gegen die Unterdrückung durch die Regierung zu kämpfen. Dies zeigt, dass das politische Machtspiel in der Türkei in eine angespanntere Phase eintritt.