
Am 9. März 2025 sprach Isabel Schnabel, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (EZB), über die Herausforderungen der finanziellen Bildung von Frauen. Der Eingang zur EZB in Frankfurt am Main ist stark reglementiert, mit zwei Sicherheitsschleusen, die den Weg zu Schnabels Büro in der 39. Etage bewachen. Das Interview fand vier Wochen vor einer Zinsentscheidung statt, wodurch aktuelle EZB-Politik nicht thematisiert wurde. Während sie in der Grundschule zum ersten Mal Geld in der Hand hatte, schätzte sie zu diesem Zeitpunkt den Umgang mit Finanzen jedoch nicht richtig ein. Ihr Vater legte großen Wert darauf, dass sie frühzeitig mit Geld vertraut wird.
Schnabel betont, dass Frauen im Durchschnitt über geringere finanzielle Bildung verfügen als Männer, was oft zu suboptimalen finanziellen Entscheidungen führt. Hierbei spielen strukturelle Faktoren wie unterbrochene Erwerbsbiografien und Teilzeitarbeit eine erheblichen Rolle und tragen zu den finanziellen Nachteilen von Frauen bei. Die taz berichtet, dass Schnabel die Bedeutung finanzieller Vorsorge und die Risikoscheu von Frauen bei Finanzentscheidungen unterstreicht. Zudem faktischieren nur 30 % der Frauen die Anlage in Aktien, Fonds oder andere Wertpapiere, was den Gender Wealth Gap weiter vergrößert, so die Einschätzungen des Bankenverbands.
Wichtige Faktoren für den Gender Wealth Gap
Ein weiterer Aspekt ist das Erwerbseinkommen, welches als grundlegender Faktor für Vermögensbildung gilt. Laut einem Bericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) haben Frauen im Durchschnitt weniger Vermögen und geringere Kenntnisse über Inflationsrisiken sowie Risikodiversifizierung. Diese Unterschiede in der finanziellen Bildung, Einkommen und Erfahrung erklären den Gender Gap nur teilweise, da auch kulturelle Faktoren eine nicht unerhebliche Rolle spielen. (DIW)
Um den Gender Gap in der finanziellen Bildung zu verringern, empfiehlt es sich, die Allgemeinbildung und Mathematikkenntnisse in Schulen zu verbessern, um das Interesse von Mädchen an Finanzthemen zu wecken. „Finanzielle Themen sollten als ‚ihre Aufgabe‘ angesehen werden“, so Schnabel. Die taz beschreibt auch, wie Schnabel auf die richtige Förderung von Frauen in Hierarchieebenen der EZB Wert legt. Die EZB hat eine Diversitätsstrategie, die darauf abzielt, Frauen in Entscheidungsprozesse einzubeziehen und so robustere Geldpolitik zu gewährleisten.
Die Rolle weiblicher Netzwerke
Schnabel blickt auf ihre berufliche Laufbahn zurück und merkt an, dass sie oft die einzige Frau in ihren Gremien war. Der Wechsel in der Kommunikation, sobald mehr Frauen anwesend sind, ist für sie ein deutlich positives Zeichen. Im Rahmen ihrer Erfahrungen mit sozialen Medien sieht sie sich sexistischen Kommentaren ausgesetzt, jedoch nicht in ihrem beruflichen Umfeld. Sie ermutigt Frauen, sich stärker in Führungspositionen zu bewerben und Gehaltsunterschiede transparent zu machen. (taz)
Darüber hinaus spricht Schnabel die Herausforderungen an, die sich aus Kompromissen zwischen Beruf und Familie ergeben. Während der Pandemie unterstützte sie eine Kollegin mit innovativen Ideen zur Bekämpfung der Inflation. Ihr persönliches Lebensumfeld berücksichtigt ebenfalls die Herausforderungen, da sie und ihr Mann eine Kinderfrau für die Betreuung ihrer drei Töchter engagieren. Dies sieht sie als wertvolle Investition in ihre Karriere. Ihre Töchter wachsen mit dem Wissen auf, dass Frauen alles erreichen können, und sie selbst sind beständig feministisch eingestellt.
Die Zukunft der finanziellen Bildung für Frauen bleibt ein zentrales Anliegen. Schnabel bittet dazu um eine stärkere Förderung und Diskussion von finanziellen Themen in der Gesellschaft. Der Bankenverband hat bereits verschiedene praktische Tipps veröffentlicht, um vor allem Frauen zu ermutigen, mehr über Investitionen zu lernen und aktiv darauf zu achten, wie sie ihre finanzielle Unabhängigkeit aufbauen können.